Der Riese erwacht – Die Erholung nach der Krise
Die Passagierzahlen sind der wichtigste Pulsmesser für die Gesundheit eines Flughafenbetreibers. Hier zeichnet sich bei Fraport ein klares Bild der Erholung. Der Konzern konnte im Jahr 2024 und in den ersten Monaten des Jahres 2025 an allen Standorten deutliche Zuwächse verzeichnen. Insbesondere der touristische Reiseverkehr, angetrieben von einer starken Nachfrage nach Urlaub in Südeuropa, erwies sich als Motor des Aufschwungs. Die griechischen Flughäfen im Fraport-Portfolio boomen und auch der Standort Antalya in der Türkei meldet Passagierzahlen, die teilweise über dem Vorkrisenniveau liegen.
Am Heimatstandort Frankfurt ist die Situation differenzierter. Zwar nähert sich auch hier das Aufkommen wieder den alten Rekordwerten an, doch die Erholung verläuft langsamer als an vielen anderen europäischen Großflughäfen. Ein Grund dafür ist der noch immer hinterherhinkende Geschäftsreiseverkehr, der für das Frankfurter Drehkreuz traditionell eine wichtige Rolle spielt. Unternehmen setzen weiterhin verstärkt auf digitale Meetings, um Kosten zu sparen und ihre CO₂-Bilanz zu verbessern.
Ein oft übersehener, aber stabiler Ertragsbringer ist das Frachtgeschäft. Frankfurt ist einer der größten Cargo-Flughäfen Europas. Obwohl die Frachtraten nach dem Boom während der Pandemie wieder gesunken sind, bleibt das Volumen robust und trägt maßgeblich zur Auslastung und zum Umsatz bei. Die globale Vernetzung der Wirtschaft sichert hier eine solide Grundnachfrage.
Ein Blick in die Bücher: Aktuelle Finanzlage und Prognose
Ein Blick auf die Finanzkennzahlen offenbart die komplexen Herausforderungen, denen sich Fraport gegenübersieht. Das erste Quartal 2025 lieferte ein gemischtes Bild. Der Umsatz stieg zwar solide an, was die operative Erholung unterstreicht. Gleichzeitig sank jedoch das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) im Vergleich zum Vorjahresquartal, und unter dem Strich stand ein Konzernverlust.
Diese Entwicklung ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen profitierte das Vorjahr von positiven Sondereffekten, wie beispielsweise einer Entschädigungszahlung im Zusammenhang mit dem Flughafen in St. Petersburg. Zum anderen belasten gestiegene Kosten das Ergebnis. Insbesondere die höheren Aufwendungen für Personal und die gestiegenen regulatorischen Abgaben am Standort Deutschland schlagen hier zu Buche.
Die Nettofinanzverschuldung bleibt die Achillesferse des Konzerns. Durch die pandemiebedingten Einnahmeausfälle und die gleichzeitig laufenden, kapitalintensiven Ausbauprojekte ist der Schuldenberg erheblich. Im aktuellen Umfeld steigender Zinsen wird der Schuldendienst zu einer wachsenden Belastung für die Profitabilität. Das Management hat den Schuldenabbau zur Priorität erklärt, doch dieser Prozess wird Jahre in Anspruch nehmen und die finanzielle Flexibilität des Unternehmens einschränken. Für das Gesamtjahr 2025 prognostiziert Fraport dennoch ein Wachstum bei Umsatz und operativem Ergebnis, getragen von der anhaltenden Verkehrserholung.
Die zweigeteilte Strategie: Heimatmarkt versus Weltbühne
Die strategische Ausrichtung von Fraport lässt sich am besten als zweigeteilt beschreiben. Auf der einen Seite steht der hochregulierte und kostenintensive Heimatmarkt Deutschland, auf der anderen Seite das dynamische und wachstumsstarke internationale Geschäft.
Herausforderungen in Deutschland
Am Standort Frankfurt kämpft Fraport mit hausgemachten Problemen. Die in Deutschland im europäischen Vergleich besonders hohen Luftsicherheitsgebühren und sonstigen staatlichen Abgaben verteuern das Fliegen und schwächen die Wettbewerbsfähigkeit des Drehkreuzes gegenüber Konkurrenten wie Istanbul, Amsterdam oder Dubai. Hinzu kommt der akute Fachkräftemangel, der den operativen Betrieb immer wieder an seine Grenzen bringt und zu Engpässen bei der Abfertigung führt. Wiederholte Streiks verschiedener Berufsgruppen im Luftverkehr haben die Zuverlässigkeit des Standorts in den letzten Jahren zusätzlich beeinträchtigt.
Wachstumsmotor Internationales Geschäft
Genau aus diesem Grund ist das internationale Portfolio für Fraport überlebenswichtig. Die Strategie, in Flughäfen in aufstrebenden Märkten zu investieren, zahlt sich zunehmend aus. Die größten Hoffnungen ruhen auf zwei Megaprojekten:
- Flughafen Lima (Peru): Der Ausbau des Jorge Chávez International Airport ist eines der größten Infrastrukturprojekte Südamerikas. Mit einer neuen Start- und Landebahn und einem hochmodernen Terminal wird die Kapazität des Flughafens massiv erweitert. Lima dient als strategisches Drehkreuz für den gesamten Kontinent und verspricht langfristig hohe Wachstumsraten.
- Flughafen Antalya (Türkei): Als Tor zur türkischen Riviera profitiert der Flughafen vom unaufhaltsamen Tourismusboom. Fraport hat die Konzession bis 2052 verlängert und investiert massiv in die Erweiterung der Terminals, um die steigenden Passagierzahlen bewältigen zu können.
Diese internationalen Beteiligungen diversifizieren die Einnahmequellen und machen den Konzern unabhängiger von der konjunkturellen und regulatorischen Entwicklung in Deutschland. Sie sind der klare Wachstumstreiber für die kommenden Jahre.
Kennzahl | Information |
---|---|
Unternehmen | Fraport AG Frankfurt Airport Services Worldwide |
Hauptsitz | Frankfurt am Main, Deutschland |
Börsenkürzel (Ticker) | FRA |
Wichtige Anteilseigner | Land Hessen (ca. 31,3%), Stadtwerke Frankfurt am Main Holding (ca. 20,0%) |
Wichtige Flughäfen (Auswahl) | Frankfurt (Deutschland), Lima (Peru), Antalya (Türkei), 14 Regionalflughäfen (Griechenland) |
Umsatz 2024 | ca. 3,6 Mrd. Euro |
EBITDA 2024 | ca. 1,1 Mrd. Euro |
Nettofinanzverschuldung (Ende 2024) | ca. 6,5 Mrd. Euro |
Chancen und Risiken für Anleger
Für Investoren ergibt sich aus der Analyse ein komplexes Chancen-Risiko-Profil. Es ist entscheidend, beide Seiten der Medaille zu betrachten.
Die größten Chancen:
- Anhaltende Reisefreude: Die globale Mittelschicht wächst, und der Wunsch zu reisen ist ungebrochen. Als Betreiber kritischer Infrastruktur profitiert Fraport direkt von diesem Megatrend.
- Internationale Expansion: Die Fertigstellung der Projekte in Lima und Antalya wird in den kommenden Jahren für signifikante Umsatz- und Ergebnissprünge sorgen und die Abhängigkeit von Frankfurt reduzieren.
- Regulierter Markt: Flughäfen sind natürliche Monopole. Hohe Eintrittsbarrieren schützen das Geschäftsmodell vor neuer Konkurrenz.
- Potenzial im Retail- & Immobiliengeschäft: Die nicht-luftverkehrsbezogenen Einnahmen aus Shops, Gastronomie und Parkhäusern bieten weiteres Wachstumspotenzial, sobald die Passagierzahlen wieder vollständig normalisiert sind.
Die größten Risiken:
- Hohe Verschuldung: Der Schuldenberg ist das größte Einzelrisiko. Er belastet die Bilanz, treibt die Zinskosten und schränkt die Fähigkeit für zukünftige Investitionen oder Dividendenzahlungen ein.
- Regulatorik und Politik: Der starke Einfluss der öffentlichen Hand als Großaktionär und die politische Debatte über Fluglärm, Umweltauflagen und Gebühren in Deutschland schaffen ein unsicheres regulatorisches Umfeld.
- Konjunktursensitivität: Eine globale Rezession würde sowohl den Passagier- als auch den Frachtverkehr empfindlich treffen. Flugreisen sind eine der ersten Ausgaben, die in Krisenzeiten gekürzt werden.
- Operative Herausforderungen: Fachkräftemangel und die hohe Streikneigung in Deutschland bleiben ein unkalkulierbares Risiko für den reibungslosen Betrieb und die Profitabilität.
Fazit: Startklar für neue Höhen oder Turbulenzen voraus?
Die Fraport AG steht an einem Wendepunkt. Das Unternehmen hat die existenzielle Krise der Pandemie überwunden und profitiert von der kraftvollen Erholung des globalen Luftverkehrs. Die strategische Weitsicht, frühzeitig in internationale Wachstumsmärkte zu investieren, erweist sich heute als goldrichtig und bildet das Fundament für die zukünftige Entwicklung. Die Projekte in Peru und der Türkei sind vielversprechende Wachstumstreiber, die den Konzern auf eine breitere und stabilere Basis stellen.
Gleichzeitig ist der Flug noch keineswegs ruhig. Die hohe Verschuldung wirkt wie ein schweres Kerosinfass, das den Steigflug bremst. Die operativen und regulatorischen Schwierigkeiten im wichtigen Heimatmarkt Frankfurt bleiben eine beständige Quelle der Unsicherheit. Anleger, die ein Investment in Erwägung ziehen, müssen daher Geduld mitbringen und eine gewisse Risikotoleranz aufweisen.
Die Landebahn für neue Höhen ist für Fraport also prinzipiell vorhanden, doch der Start wird kein einfacher Sprint. Der Erfolg hängt maßgeblich davon ab, ob es dem Management gelingt, die Schulden diszipliniert abzubauen, die Effizienz am Heimatstandort zu steigern und die Früchte der internationalen Expansion erfolgreich zu ernten. Die kommenden zwei bis drei Jahre werden zeigen, ob der Konzern die Triebwerke wirklich zünden kann oder ob unerwartete Turbulenzen den Kurs gefährden.