Airbus: Neue Höhenflug-Chancen? Analyse des Luftfahrtriesen

Airbus fliegt auf Rekordkurs: Die Bilanz 2024 überzeugt, die Auftragsbücher sind voll und Konkurrent Boeing schwächelt. Doch Produktionsengpässe bremsen den Höhenflug. Eine Analyse der Chancen und Risiken für Anleger.

Veröffentlicht am 03.07.2025

Die beeindruckende Bilanz 2024: Ein Fundament für die Zukunft

Ein Blick auf die Finanzkennzahlen des abgelaufenen Geschäftsjahres 2024 zeichnet ein Bild der Stärke und Stabilität. Airbus konnte einen Umsatz von 69,2 Milliarden Euro erzielen, was einem soliden Wachstum von 6 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Noch aussagekräftiger ist die Gewinnentwicklung: Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) erreichte 5,4 Milliarden Euro, während der Nettogewinn auf 4,23 Milliarden Euro anstieg. Diese Zahlen belegen nicht nur die operative Exzellenz des Unternehmens, sondern auch seine Fähigkeit, in einem anspruchsvollen Marktumfeld profitabel zu wirtschaften.

Für Anleger besonders erfreulich war die Ankündigung zur Dividende. Neben einer regulären Ausschüttung von 2,00 Euro pro Aktie wurde eine Sonderdividende in Höhe von 1,00 Euro vorgeschlagen. Dies unterstreicht das Vertrauen des Managements in die finanzielle Gesundheit und den zukünftigen Cashflow des Konzerns. Ein starker freier Cashflow von 4,5 Milliarden Euro gibt dem Unternehmen zudem den nötigen Spielraum für Investitionen in zukünftige Projekte und die Bewältigung operativer Herausforderungen.

Auftragsbücher bis zum Rand gefüllt: Ein Luxusproblem?

Das wohl markanteste Merkmal der aktuellen Situation bei Airbus ist der schier unglaubliche Auftragsbestand. Ende 2024 belief sich dieser auf einen Rekordwert von 629 Milliarden Euro. Rechnerisch sichert dieser Berg an Bestellungen die Produktion für die nächsten zehn Jahre ab. Allein im Jahr 2024 sammelte der Konzern neue Aufträge im Wert von 103,5 Milliarden Euro ein. Die sogenannte Book-to-Bill-Ratio, die das Verhältnis von neuen Aufträgen zu ausgelieferten Produkten misst, lag deutlich über eins – ein klares Indiz dafür, dass die Nachfrage das Angebot weiterhin übersteigt.

Was auf den ersten Blick wie ein reines Luxusproblem erscheint, ist gleichzeitig die größte operative Herausforderung. Airlines auf der ganzen Welt, insbesondere in den schnell wachsenden Märkten Asiens und des Nahen Ostens, warten händeringend auf ihre neuen Maschinen der A320neo-Familie oder die Langstreckenjets A350. Die Fähigkeit von Airbus, die Produktion hochzufahren und die bestellten Flugzeuge pünktlich zu liefern, wird zum entscheidenden Faktor für den zukünftigen Erfolg.

Produktion am Limit: Die Achillesferse Lieferkette

Trotz der positiven Gesamtlage kämpft Airbus, wie die gesamte Branche, weiterhin mit erheblichen Engpässen in der Lieferkette. Die Produktion von Verkehrsflugzeugen ist ein hochkomplexes Puzzle, das auf Tausende von Zulieferern weltweit angewiesen ist. Von Triebwerken über Avionik-Systeme bis hin zu einfachen Nieten – wenn nur ein Teil fehlt, gerät die gesamte Fertigungslinie ins Stocken.

Im Jahr 2024 konnte Airbus die Zahl der Auslieferungen auf 766 Verkehrsflugzeuge steigern, ein respektabler Wert. Für 2025 sind weitere Steigerungen geplant, doch das Umfeld bleibt fragil. Die Triebwerkshersteller Pratt & Whitney und CFM International haben Mühe, mit der hohen Nachfrage Schritt zu halten, und auch bei kleineren Komponenten kommt es immer wieder zu Verzögerungen. Das Management von Airbus hat wiederholt betont, dass die Stabilisierung der Lieferkette oberste Priorität hat. Der Erfolg dieser Bemühungen wird direkt darüber entscheiden, wie schnell der gigantische Auftragsbestand abgearbeitet und in Umsatz umgewandelt werden kann.

Das Duell der Giganten: Airbus profitiert von Boeings Schwäche

Die Analyse von Airbus ist unvollständig ohne einen Blick auf den ewigen Konkurrenten Boeing. Während Airbus in den letzten Jahren einen relativ stabilen Kurs flog, kämpft der amerikanische Rivale mit wiederkehrenden Produktions- und Qualitätsproblemen. Die Vorfälle rund um die 737 MAX haben das Vertrauen von Airlines und Passagieren nachhaltig erschüttert und zu Produktionsstopps und behördlichen Untersuchungen geführt.

Diese Schwäche des Hauptkonkurrenten spielt Airbus direkt in die Karten. Viele Fluggesellschaften, die traditionell auf eine gemischte Flotte aus Airbus- und Boeing-Maschinen setzten, neigen nun stärker dazu, ihre Bestellungen beim europäischen Hersteller zu platzieren. Airbus konnte seinen Marktanteil, insbesondere im lukrativen Segment der Schmalrumpfflugzeuge (A320-Familie), deutlich ausbauen. Langfristig darf man sich jedoch nicht auf den Problemen des Wettbewerbers ausruhen. Insbesondere aus China erwächst mit dem Hersteller COMAC ein potenzieller dritter Akteur, der vor allem auf seinem Heimatmarkt an Bedeutung gewinnen wird.

Strategische Weichenstellungen: Innovation und Diversifikation

Weitblick beweist das Airbus-Management bei der strategischen Ausrichtung. Zwei Felder stehen dabei im Fokus: Nachhaltigkeit und Diversifikation.

  1. Der Weg zum emissionsfreien Fliegen: Airbus hat sich ambitionierte Ziele zur Dekarbonisierung der Luftfahrt gesetzt. Das Leuchtturmprojekt „ZEROe“ zielt darauf ab, bis 2035 das erste wasserstoffbetriebene Passagierflugzeug zur Marktreife zu bringen. Parallel wird intensiv an der Nutzung von nachhaltigen Flugkraftstoffen (Sustainable Aviation Fuels, SAFs) geforscht. Diese Investitionen sind nicht nur eine Antwort auf den gesellschaftlichen und politischen Druck, sondern auch eine strategische Wette auf die Zukunft. Die Airline, die als erste ein wirklich „grünes“ Flugzeug anbieten kann, wird einen immensen Wettbewerbsvorteil haben.

  2. Stärkung der anderen Sparten: Airbus ist mehr als nur ein Flugzeugbauer. Die Sparte Defence & Space wird derzeit restrukturiert, um profitabler und agiler zu werden. Obwohl das Militärtransporter-Programm A400M weiterhin für negative Ergebniseffekte sorgt, ist das Verteidigungsgeschäft ein wichtiges strategisches Standbein, da es weniger konjunkturzyklisch ist als die zivile Luftfahrt. Auch die Hubschrauber-Sparte (Airbus Helicopters) und das Satellitengeschäft tragen zur Risikostreuung und zu stabilen Einnahmen bei.
Fakt Information
CEO Guillaume Faury
Hauptsitz Leiden, Niederlande (Konzernzentrale); Toulouse, Frankreich (Hauptstandort)
Börsenkürzel (TICKER) EAD (Xetra), AIR (Euronext Paris)
Umsatz 2024 69,2 Milliarden €
Nettogewinn 2024 4,23 Milliarden €
Auslieferungen 2024 766 Verkehrsflugzeuge
Auftragsbestand (Ende 2024) 629 Milliarden € (entspricht über 8.500 Flugzeugen)
Wichtigste Produkte A320neo-Familie, A350, A330neo, A220

Chancen und Risiken für Investoren im Überblick

Für Anleger ergibt sich aus der Analyse ein differenziertes Bild mit klaren Chancen, aber auch nicht zu vernachlässigenden Risiken.

Die größten Chancen:

  • Marktführerschaft: Die klare Nummer-eins-Position im globalen Flugzeugmarkt, gestärkt durch die Probleme des Hauptkonkurrenten.
  • Planungssicherheit: Der Rekord-Auftragsbestand sichert Umsatz und Auslastung für viele Jahre.
  • Wachstumsmärkte: Die ungebrochen hohe Nachfrage aus Asien und dem Nahen Osten verspricht weiteres Wachstum.
  • Technologieführerschaft: Die Investitionen in effiziente Flugzeuge und Zukunftstechnologien wie Wasserstoff positionieren Airbus als Innovationsführer.

Die größten Risiken:

  • Lieferkettenprobleme: Anhaltende Engpässe bleiben die größte Hürde für die geplante Produktionssteigerung.
  • Exekutionsrisiko: Die Fähigkeit, die Produktion fehlerfrei und effizient hochzufahren, muss erst noch unter Beweis gestellt werden.
  • Geopolitische Spannungen: Handelskonflikte, Kriege oder Sanktionen können die globalen Lieferketten und die Nachfrage negativ beeinflussen.
  • Kosten der Transformation: Die Entwicklung emissionsfreier Flugzeuge erfordert massive Investitionen, deren Rentabilität erst in der fernen Zukunft liegt.

Fazit: Startklar für den nächsten Höhenflug?

Airbus befindet sich zweifellos in einer der stärksten Phasen seiner Unternehmensgeschichte. Die Kombination aus technologisch führenden Produkten, einer schwächelnden Konkurrenz und einer globalen Nachfragewelle hat ein Fundament geschaffen, das robust und vielversprechend ist. Die prall gefüllten Auftragsbücher bieten eine Visibilität, von der andere Industriezweige nur träumen können.

Der weitere Kurs wird jedoch kein Autopilot-Flug. Der Erfolg der kommenden Jahre hängt maßgeblich von der Lösung der Lieferkettenprobleme und der Fähigkeit zur reibungslosen Produktionssteigerung ab. Die geopolitische Weltlage bleibt ein permanenter Unsicherheitsfaktor. Für Investoren bietet die Airbus-Aktie eine Beteiligung an einem klaren Marktführer mit einem langfristig gesicherten Geschäftsmodell. Der Weg nach oben ist vorgezeichnet, doch der Steigflug wird Konzentration, operative Exzellenz und einen klaren Blick für die Wolken am Horizont erfordern. Während die Triebwerke auf vollen Touren laufen, müssen Piloten und Bodencrew perfekt zusammenarbeiten, um die angestrebte Flughöhe sicher zu erreichen.

* Enthält bezahlte Werbelinks .

Haftungsausschluss: Bei allen Inhalten auf Börse.net handelt es sich ausdrücklich nicht um Anlageberatung. Ihre Risikodisposition kann von uns nicht eingeschätzt werden. Der Autor besitzt keines der genannten Wertpapiere. Keiner der Inhalte stellt ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Falls Sie sich doch zu einem Kauf oder Verkauf entscheiden, handeln Sie immer auf eigenes Risiko.

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