Inflation frisst Rendite? Smarte Anlagestrategien im neuen Zinsumfeld

Eine Zeitenwende für Anleger: Die Zinsen sind zurück, doch die Inflation bleibt. Entscheidend für den Vermögenserhalt ist jetzt die Realrendite. Erfahren Sie, mit welchen Anlageklassen und Strategien Sie Ihr Vermögen im neuen Normal nicht nur schützen, sondern erfolgreich vermehren.

Veröffentlicht am 24.06.2025

Das neue Normal: Inflation und Zinsen im Jahr 2025

Nach den Rekordinflationsraten der Jahre 2022 und 2023 hat sich die Lage spürbar beruhigt. Im Mai 2025 lag die Inflationsrate in Deutschland bei etwa 2,1 Prozent und nähert sich damit dem Zwei-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB). Dieser Rückgang ist vor allem auf die gesunkenen Energiepreise und eine verlangsamte Teuerung bei Nahrungsmitteln zurückzuführen. Die aggressiven Zinserhöhungen der Notenbanken haben ihre Wirkung gezeigt und die überhitzte Preisdynamik gedämpft.

Ein genauerer Blick lohnt sich jedoch auf die sogenannte Kerninflation, die die volatilen Preise für Energie und Nahrungsmittel ausklammert. Diese liegt mit rund 2,9 Prozent weiterhin über der Gesamtrate. Das signalisiert, dass vor allem Dienstleistungen derzeit die Preise antreiben – ein Indiz für einen hartnäckigeren, strukturellen Preisdruck in der Wirtschaft. Die Zeit der Nullzinsen ist damit endgültig vorbei. Wir befinden uns in einem "neuen Normal" mit moderaten, aber spürbaren Zinsen und einer Inflation, die wohl dauerhaft präsenter sein wird als im vergangenen Jahrzehnt.

Für Anleger bedeutet diese Zinswende eine fundamentale Veränderung des Spielfelds. Während festverzinsliche Anlagen wieder attraktiver werden, müssen die Risiken und Chancen in allen Anlageklassen neu bewertet werden. Die zentrale Frage lautet nicht mehr, ob man eine Rendite erzielt, sondern ob diese Rendite ausreicht, um die Inflation zu schlagen.

Die unsichtbare Steuer: Warum die Realrendite entscheidend ist

Viele Anleger konzentrieren sich auf die Nominalrendite – den Prozentsatz, den eine Anlage pro Jahr abwirft. Eine Staatsanleihe mit 3 Prozent Zinsen oder ein Aktiengewinn von 5 Prozent sehen auf den ersten Blick gut aus. Doch diese Zahlen sind trügerisch, wenn man die Inflation ignoriert. Die Inflation wirkt wie eine unsichtbare Steuer, die an der Kaufkraft des Geldes nagt.

Die entscheidende Kennzahl für den Vermögenserhalt ist die Realrendite. Sie berechnet sich einfach: Nominalrendite minus Inflationsrate. Liegt die Rendite Ihrer Anleihe bei 3 Prozent und die Inflation bei 2,1 Prozent, beträgt Ihre reale, also tatsächliche, Rendite nur 0,9 Prozent. Ihr Vermögen ist real gewachsen. Liegt die Inflation jedoch bei 4 Prozent, erleiden Sie einen realen Verlust von 1 Prozent, obwohl Ihr Kontostand nominal gestiegen ist. Sie können sich von Ihrem Geld weniger kaufen als zuvor.

Dieser Effekt trifft vor allem klassische Sparformen wie das Sparbuch, Tages- oder Festgeldkonten hart. Selbst bei den wieder gestiegenen Zinsen reicht die Verzinsung oft nicht aus, um die Teuerungsrate vollständig auszugleichen. Wer sein Geld nur parkt, muss zusehen, wie es langsam an Wert verliert. Um diesem Kaufkraftverlust zu entgehen, ist eine proaktive Anlagestrategie, die auf positive Realrenditen abzielt, unerlässlich.

Asset-Allokation im Wandel: Welche Anlageklassen jetzt glänzen

Das veränderte Zins- und Inflationsumfeld erfordert eine Neubewertung der klassischen Portfoliobausteine. Nicht jede Anlageklasse reagiert gleich auf die neuen Gegebenheiten. Eine kluge Streuung des Vermögens (Asset-Allokation) ist wichtiger denn je.

Anleihen: Comeback mit Tücken
Lange Zeit waren Anleihen aufgrund der Nullzinsen unattraktiv. Das hat sich geändert. Neue Staats- und Unternehmensanleihen bieten wieder ansehnliche Renditen. Sie können ein stabilisierendes Element im Portfolio sein. Doch Vorsicht: Steigen die Zinsen weiter, fallen die Kurse älterer Anleihen mit niedrigerer Verzinsung. Dieses Zinsänderungsrisiko lässt sich durch die Wahl von Anleihen mit kürzerer Laufzeit (Duration) reduzieren. Eine besonders smarte Option sind inflationsindexierte Anleihen. Ihr Zinskupon und/oder Nennwert passt sich an die Inflationsrate an und bietet so einen direkten Schutz vor Kaufkraftverlust.

Aktien: Die Kraft der Preissetzung
Aktien gelten als Sachwerte und bieten langfristig einen guten Inflationsschutz. Der Grund: Qualitätsunternehmen mit starken Marken und einem soliden Geschäftsmodell können gestiegene Kosten an ihre Kunden weitergeben und so ihre Gewinnmargen verteidigen oder sogar ausbauen. Anleger sollten den Fokus auf solche Unternehmen legen, die über eine hohe Preissetzungsmacht verfügen, solide Bilanzen aufweisen und stabile Cashflows generieren. Branchen wie Basiskonsumgüter, Gesundheitswesen oder etablierte Technologiekonzerne sind hier oft im Vorteil. Kurzfristig können steigende Zinsen die Aktienmärkte zwar belasten, da höhere Finanzierungskosten die Gewinne schmälern und Anleihen als Alternative attraktiver werden. Langfristig bleiben Aktien für den Vermögensaufbau jedoch unverzichtbar.

Immobilien: Qualität und Lage entscheiden
Betongold gilt als klassischer Inflationsschutz. Mieteinnahmen lassen sich oft an die Inflation anpassen und sorgen für einen stabilen Geldfluss. Allerdings hat die Zinswende den Immobilienmarkt unter Druck gesetzt. Die Finanzierungskosten für Käufer sind stark gestiegen, was die Nachfrage und damit die Preise in vielen Regionen dämpft. Für bestehende Eigentümer bleibt die Immobilie ein solider Vermögenswert, bei Neuinvestitionen sind jedoch eine erstklassige Lage und eine hohe Objektqualität entscheidender denn je.

Rohstoffe und Edelmetalle: Die Beimischung zur Absicherung
In Phasen hoher Unsicherheit und Inflation flüchten Anleger traditionell in Gold. Das Edelmetall wirft zwar keine Zinsen oder Dividenden ab, hat sich aber über Jahrhunderte als stabiler Wertspeicher bewährt. Eine Beimischung von 5 bis 10 Prozent Gold im Portfolio kann als Versicherung gegen Krisen und Geldentwertung dienen. Industrielle Rohstoffe profitieren ebenfalls von steigenden Preisen, sind aber stark von der globalen Konjunktur abhängig und sehr volatil. Sie eignen sich eher für erfahrene Anleger als taktische Beimischung.

Smarte Strategien für Ihr Portfolio: Praktische Schritte zur Umsetzung

Die Analyse der Anlageklassen zeigt: Die eine perfekte Lösung gibt es nicht. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer intelligenten Kombination und einer an das neue Umfeld angepassten Strategie. Hier sind fünf konkrete Schritte:

  1. Diversifizieren Sie breit und global: Setzen Sie nicht alles auf eine Karte. Ein gesundes Portfolio ist wie eine gute Mahlzeit – es besteht aus verschiedenen Zutaten. Mischen Sie Aktien, Anleihen und eine Prise Sachwerte wie Gold. Investieren Sie dabei nicht nur in Deutschland oder Europa, sondern weltweit. Breite Aktien-ETFs auf Indizes wie den MSCI World oder FTSE All-World sind eine hervorragende und kostengünstige Basis für jedes Depot.
  2. Definieren Sie Ihre Anleihen-Strategie neu: Nutzen Sie die wieder gestiegenen Zinsen. Anstatt auf Tagesgeld zu setzen, können Staats- oder Unternehmensanleihen mit guter Bonität und Laufzeiten von zwei bis fünf Jahren eine attraktive Alternative sein. Ein Teil des Anleihe-Portfolios kann in inflationsgeschützte Papiere investiert werden, um einen direkten Inflationsausgleich zu erhalten.
  3. Fokus auf Qualität bei Aktien: Seien Sie wählerisch. Bevorzugen Sie Unternehmen, die auch in einem schwierigen Umfeld profitabel wirtschaften. Achten Sie auf geringe Verschuldung, stabile Gewinne und eine starke Marktposition. Dividendenstarke Aktien können zudem für einen regelmäßigen Cashflow sorgen, der die Inflation abfedert.
  4. Planen Sie regelmäßiges Rebalancing ein: Ihr Portfolio wird sich mit der Zeit verändern, da sich einige Anlagen besser entwickeln als andere. Legen Sie eine Zielallokation fest (z.B. 60 % Aktien, 40 % Anleihen) und stellen Sie diese ein- oder zweimal im Jahr wieder her. Das zwingt Sie antizyklisch zu handeln: Sie verkaufen die gut gelaufenen Anlagen und kaufen günstig bei den schlechter gelaufenen nach.
  5. Behalten Sie Kosten und Liquidität im Blick: Hohe Gebühren für Fonds oder Transaktionen fressen Ihre Rendite auf. Setzen Sie daher verstärkt auf kostengünstige ETFs. Halten Sie zudem eine ausreichende Liquiditätsreserve (z.B. drei bis sechs Monatsausgaben) auf einem Tagesgeldkonto für unvorhergesehene Ausgaben. So vermeiden Sie, in schlechten Marktphasen Wertpapiere mit Verlust verkaufen zu müssen.

Die Fakten auf einen Blick: Wichtige Kennzahlen und Begriffe

Begriff / Anlageklasse Erläuterung / Rolle bei Inflation Vorteil Nachteil
Realrendite Die Rendite nach Abzug der Inflation (Nominalrendite - Inflationsrate). Die entscheidende Kennzahl für den Vermögenserhalt. Zeigt den echten Kaufkraftgewinn. Kann negativ sein, auch wenn die Nominalrendite positiv ist.
Kerninflation Misst die Preissteigerung ohne die volatilen Komponenten Energie und Nahrungsmittel. Zeigt den strukturellen Preistrend. Gibt Aufschluss über die Hartnäckigkeit der Inflation. Spiegelt nicht die vollen Lebenshaltungskosten wider.
Aktien Anteil an einem Unternehmen. Gilt als Sachwert. Unternehmen mit Preissetzungsmacht können Gewinne steigern und Dividenden anpassen. Kurzfristige Volatilität bei Zinsanstiegen und konjunktureller Unsicherheit.
Anleihen Festverzinsliches Wertpapier. Gilt als Geldwert. Neue Emissionen bieten wieder attraktive und kalkulierbare Zinsen. Inflationsindexierte Anleihen bieten direkten Schutz. Bestehende Anleihen mit niedrigen Kupons verlieren bei steigenden Zinsen an Wert (Kursrisiko).
Gold Edelmetall, das als "sicherer Hafen" und Wertspeicher gilt. Hohe Wertstabilität in Krisen- und Inflationszeiten. Unabhängig vom Finanzsystem. Generiert keine laufenden Erträge wie Zinsen oder Dividenden. Lagerkosten können anfallen.

Typische Fehler vermeiden und langfristig erfolgreich bleiben

In unsicheren Zeiten neigen Anleger zu emotionalen Kurzschlussreaktionen. Doch gerade jetzt sind ein kühler Kopf und eine disziplinierte Strategie gefragt. Vermeiden Sie diese häufigen Fehler:

  • Zu hohe Cash-Quote: Aus Angst vor Marktschwankungen zu viel Geld auf dem Konto zu horten, ist eine der teuersten Fehlentscheidungen. Die Inflation sorgt für einen garantierten Kaufkraftverlust. Liquidität ist wichtig, aber überschüssiges Kapital sollte arbeiten.
  • Ignorieren der Realrendite: Lassen Sie sich nicht von nominalen Zinsen blenden. Eine Anlage, die weniger Rendite als die Inflationsrate bringt, ist ein Verlustgeschäft. Beziehen Sie die Teuerung immer in Ihre Kalkulation ein.
  • Prozyklisches Handeln: In Panik zu verkaufen, wenn die Kurse fallen, und aus Gier zu kaufen, wenn die Märkte überhitzt sind, zerstört langfristig die Rendite. Ein fester Plan und regelmäßiges Rebalancing helfen, Emotionen im Griff zu behalten.
  • Fehlende Diversifikation: Wer alles auf eine Aktie, eine Branche oder eine Anlageklasse setzt, geht ein enormes Klumpenrisiko ein. Eine breite Streuung ist das beste Mittel, um Risiken abzufedern.

Der Schlüssel zum langfristigen Erfolg liegt darin, die eigene Strategie an die veränderten Marktbedingungen anzupassen, ohne dabei in Hektik zu verfallen. Bleiben Sie informiert, aber lassen Sie sich nicht vom täglichen Marktlärm verrückt machen.

Fazit: Chancen im Wandel erkennen und nutzen

Die Rückkehr von Inflation und Zinsen markiert eine Zeitenwende für Anleger. Die einfache Strategie, auf steigende Kurse bei fast allen Anlageklassen zu hoffen, funktioniert nicht mehr. Die Inflation ist eine ernstzunehmende Herausforderung, die den realen Wert von Ersparnissen und Anlagen schmälert. Doch das neue Umfeld bietet auch Chancen.

Anleihen sind wieder eine ernsthafte Anlagealternative, Qualitätsaktien können ihre Stärke ausspielen und Sachwerte bieten einen wichtigen Schutzschild. Der Erfolg liegt in einer smarten, breit diversifizierten Strategie, die auf positive Realrenditen abzielt. Anleger, die ihr Portfolio aktiv an die neuen Gegebenheiten anpassen, die Risiken verstehen und typische Fehler vermeiden, sind gut aufgestellt. Sie können ihr Vermögen nicht nur wirksam vor Kaufkraftverlust schützen, sondern die veränderten Rahmenbedingungen auch nutzen, um langfristig erfolgreich zu sein.

* Enthält bezahlte Werbelinks .

Haftungsausschluss: Bei allen Inhalten auf Börse.net handelt es sich ausdrücklich nicht um Anlageberatung. Ihre Risikodisposition kann von uns nicht eingeschätzt werden. Der Autor besitzt keines der genannten Wertpapiere. Keiner der Inhalte stellt ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Falls Sie sich doch zu einem Kauf oder Verkauf entscheiden, handeln Sie immer auf eigenes Risiko.

Teilen

Themen

Die wichtigsten Börsen-News in Ihr Postfach

Melden Sie sich an, um Zugang zu Premium-Inhalten zu erhalten, oder kontaktieren Sie uns, wenn Sie irgendwelche Fragen haben.

Jetzt abonnieren