Airbus im Höhenflug: Profiteur der Reise-Renaissance & Verteidigung?

Airbus erlebt einen beispiellosen Höhenflug. Getragen von der globalen Reiselust und einem boomenden Verteidigungsgeschäft, sichert ein gigantischer Auftragsbestand die Zukunft. Doch der Erfolg bringt auch enorme Herausforderungen mit sich, allen voran die Stabilität der Lieferketten.

Veröffentlicht am 22.06.2025

Die Renaissance der Flugreisen: Airbus als Hauptprofiteur

Die COVID-19-Pandemie hatte den globalen Flugverkehr abrupt auf den Boden gezwungen. Doch die Erholung kam schneller und stärker als viele erwartet hatten. Heute, Mitte 2025, hat die Reiselust die Welt wieder fest im Griff. Fluggesellschaften rund um den Globus erneuern und erweitern ihre Flotten, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden und gleichzeitig ihre Betriebskosten durch effizientere Flugzeuge zu senken. In diesem Szenario hat sich Airbus als der bevorzugte Partner für viele Airlines etabliert.

Das Herzstück dieses Erfolgs ist der schier unglaubliche Auftragsbestand. Ende des ersten Quartals 2025 warteten über 8.700 bestellte Verkehrsflugzeuge auf ihre Fertigung und Auslieferung. Diese Zahl ist mehr als nur eine beeindruckende Statistik; sie repräsentiert eine gesicherte Produktionsauslastung für beinahe ein Jahrzehnt und bietet eine beispiellose Planungssicherheit. Airlines stehen Schlange, insbesondere für die Modelle der A320neo-Familie. Diese Schmalrumpfflugzeuge sind das Arbeitspferd der Branche auf Kurz- und Mittelstrecken und punkten mit ihrem geringen Treibstoffverbrauch – ein entscheidender Faktor in Zeiten hoher Energiepreise und wachsenden Umweltbewusstseins.

Auch auf der Langstrecke kann Airbus überzeugen. Der A350 und zunehmend auch der A330neo werden von Fluggesellschaften für ihre Effizienz und den hohen Passagierkomfort geschätzt. Die strategische Produktpalette von Airbus deckt die Bedürfnisse des Marktes präzise ab und hat dem europäischen Hersteller einen deutlichen Vorteil gegenüber seinem transatlantischen Rivalen verschafft.

Das Duopol am Himmel: Wie Airbus von Boeings Schwäche profitiert

Der Markt für große Verkehrsflugzeuge ist seit Jahrzehnten ein klassisches Duopol, beherrscht von Airbus und dem US-amerikanischen Konkurrenten Boeing. Doch dieses Gleichgewicht hat in den letzten Jahren eine deutliche Schlagseite bekommen. Während Airbus seine Produktionsprozesse weitgehend stabilisieren konnte, kämpft Boeing mit wiederkehrenden und schwerwiegenden Qualitäts- und Produktionsproblemen. Die Schwierigkeiten rund um die 737 MAX und Verzögerungen bei anderen Programmen wie dem 787 Dreamliner haben das Vertrauen vieler Fluggesellschaften erschüttert.

Diese Schwäche des Hauptkonkurrenten ist für Airbus ein strategischer Glücksfall. Airlines, die auf eine schnelle und vor allem verlässliche Lieferung neuer Flugzeuge angewiesen sind, wenden sich vermehrt Airbus zu. Dies hat nicht nur zu einem Anstieg der Marktanteile bei den Neubestellungen geführt, sondern auch die Verhandlungsposition von Airbus gestärkt. Das Unternehmen gilt aktuell als der zuverlässigere Partner, der in der Lage ist, qualitativ hochwertige Flugzeuge in Serie zu produzieren – auch wenn dies nicht ohne eigene Hürden geschieht.

Verteidigung und Raumfahrt: Das zweite starke Standbein

Während die zivile Luftfahrt für den Löwenanteil des Umsatzes sorgt, entwickelt sich ein anderer Geschäftsbereich zunehmend zum stillen Star im Portfolio: Airbus Defence and Space. Die geopolitischen Verwerfungen der letzten Jahre, insbesondere der Krieg in der Ukraine, haben in Europa und weltweit zu einem Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik geführt. Die Verteidigungshaushalte steigen massiv an, und Airbus ist als einer der führenden europäischen Rüstungskonzerne ein zentraler Profiteur dieser Entwicklung.

Die Nachfrage nach militärischen Produkten des Konzerns ist sprunghaft angestiegen. Dazu gehören:

  1. Kampfflugzeuge: Der Eurofighter Typhoon erlebt eine Renaissance und wird von mehreren Nationen nachbestellt. Zudem ist Airbus federführend am Future Combat Air System (FCAS) beteiligt, dem europäischen Kampfjet-Projekt der nächsten Generation.
  2. Militärtransporter: Der A400M ist das logistische Rückgrat vieler europäischer Luftwaffen und beweist seine Vielseitigkeit in zahlreichen Einsätzen.
  3. Tankflugzeuge und Aufklärer: Der auf dem zivilen A330 basierende A330 MRTT (Multi Role Tanker Transport) ist ein weltweiter Exportschlager.

Auch die Hubschraubersparte, Airbus Helicopters, verzeichnet dank eines hohen Anteils an Militärhubschraubern ein starkes Wachstum. Diese Diversifizierung macht Airbus widerstandsfähiger gegen konjunkturelle Schwankungen im zivilen Luftfahrtsektor und sorgt für zusätzliche, margenstarke Einnahmequellen.

Herausforderungen im Cockpit: Lieferketten und Produktionshochlauf

Der enorme Erfolg bringt jedoch auch gewaltige Herausforderungen mit sich. Ein Auftragsbuch für das nächste Jahrzehnt ist nur dann wertvoll, wenn die Bestellungen auch zeitnah abgearbeitet werden können. Genau hier liegt die Achillesferse von Airbus: die Lieferkette. Der geplante Hochlauf der Produktion, insbesondere bei der A320-Familie auf 75 Flugzeuge pro Monat, wird durch hartnäckige Engpässe gebremst.

Es fehlt an allen Ecken und Enden: von Triebwerken über spezialisierte Rohstoffe wie Titan bis hin zu kleineren elektronischen Bauteilen und Kabinenausstattungen. Die Zuliefererindustrie, selbst von der Pandemie geschwächt und von Fachkräftemangel geplagt, kann mit dem Tempo von Airbus kaum Schritt halten. Dies führt zu einem sogenannten "backloaded" Lieferprofil für 2025, bei dem ein Großteil der Auslieferungen erst in der zweiten Jahreshälfte erfolgen kann. Das erhöht das Risiko, die selbst gesteckten Jahresziele zu verfehlen, und sorgt für Unmut bei den wartenden Airlines.

Der Kurs in die Zukunft: Nachhaltigkeit und Innovation

Airbus ruht sich nicht auf seinen Lorbeeren aus, sondern investiert massiv in die Zukunft der Luftfahrt. Der größte Treiber für Innovation ist dabei der Druck, den Flugverkehr nachhaltiger zu gestalten. Unter dem Codenamen ZEROe forscht Airbus intensiv an Konzepten für ein wasserstoffbetriebenes Passagierflugzeug, das bis 2035 marktreif sein könnte. Dies ist ein ambitioniertes und risikoreiches Unterfangen, doch wer die Technologieführerschaft bei emissionsfreien Antrieben erringt, sichert sich die Marktführerschaft für die kommenden Jahrzehnte.

Doch auch kurzfristig stehen Effizienzsteigerungen im Fokus. Jüngstes Beispiel ist der A321XLR (Xtra Long Range), eine Variante des Bestsellers A321neo, die mit einem Zusatztank Reichweiten von bis zu 8.700 Kilometern ermöglicht. Damit können Airlines erstmals mit einem Schmalrumpfflugzeug Langstrecken bedienen und so neue, profitable Routen erschließen, die für Großraumjets nicht rentabel wären. Diese Art der inkrementellen, aber hochwirksamen Innovation sichert Airbus seine Wettbewerbsfähigkeit im hier und jetzt.

Airbus auf einen Blick (Stand Juni 2025)
Fakt Information
CEO Guillaume Faury
Hauptsitz Leiden, Niederlande (Konzernzentrale); Toulouse, Frankreich (Hauptstandort)
Umsatz (Geschäftsjahr 2024) ca. 69,2 Mrd. Euro
Auftragsbestand (Commercial Aircraft) > 8.700 Flugzeuge
Schlüsselprodukte (Zivil) A220, A320-Familie, A330neo, A350
Schlüsselprodukte (Verteidigung) Eurofighter Typhoon, A400M, A330 MRTT, Militärhelikopter
Mitarbeiter weltweit ca. 150.000

Analyse für Anleger: Chancen und Risiken im Überblick

Für Investoren bietet Airbus ein faszinierendes, aber auch komplexes Bild. Die Chancen sind offensichtlich und substanziell. Der gigantische Auftragsbestand sichert Umsätze auf Jahre, die geschwächte Konkurrenz ermöglicht höhere Marktanteile, und das wachsende Verteidigungsgeschäft sorgt für Diversifikation und stabile Cashflows. Die führende Rolle bei Zukunftstechnologien wie dem Wasserstoffantrieb positioniert das Unternehmen zudem als langfristigen Gewinner der Dekarbonisierung.

Demgegenüber stehen jedoch handfeste Risiken. Das Hauptrisiko ist die Umsetzung. Gelingt es Airbus nicht, die Probleme in der Lieferkette zu lösen und den Produktionshochlauf wie geplant zu meistern, drohen Vertragsstrafen und ein Vertrauensverlust. Geopolitische Spannungen könnten nicht nur die Verteidigungssparte beflügeln, sondern auch globale Handelsströme und Lieferketten weiter stören. Zudem sind die Investitionen in neue Technologien enorm und ihr Erfolg ist nicht garantiert. Anleger müssen daher genau beobachten, ob das Management die operativen Herausforderungen in den Griff bekommt.

Fazit: Ein europäischer Champion mit Kurs auf die Zukunft

Airbus befindet sich zweifellos in einem beispiellosen Höhenflug. Das Unternehmen profitiert von den zwei stärksten globalen Trends seiner Branche: der unbändigen Lust am Reisen und der Notwendigkeit, die eigene Sicherheit zu gewährleisten. Die dominante Marktposition im zivilen Sektor, gepaart mit einem boomenden Verteidigungsgeschäft, bildet ein solides Fundament für zukünftiges Wachstum.

Der Flug ist jedoch nicht frei von Turbulenzen. Die Bewältigung der Lieferkettenprobleme und der erfolgreiche Produktionshochlauf werden die entscheidenden Prüfungen für die kommenden Monate sein. Für Anleger, die an die langfristige Stärke der europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie glauben und bereit sind, operative Risiken zu tolerieren, bleibt Airbus ein zentraler Baustein in einem global ausgerichteten Portfolio. Der Konzern ist nicht nur ein Profiteur der Gegenwart, sondern gestaltet aktiv die Zukunft des Fliegens.

* Enthält bezahlte Werbelinks .

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