Inflation - sie ist wieder da

Eine steigende Inflation in Deutschland und Europa ist nicht mehr wegzureden. Aber wodurch kommt der Anstieg? Welche Gründe gibt es für die aktuell sehr hohe Inflationsrate? Warum die Inflation so stark steigt und was in Zukunft passieren könnte, steht in diesem Beitrag.

Veröffentlicht am 05.03.2022

Steigende Inflation in Deutschland: Welche Geldanlage schützt das Ersparte?


Steigende Preise, abnehmende Kaufkraft - die Inflation ist im Herbst 2021 nach Deutschland zurückgekehrt. Während sich die Verbraucher in den letzten Jahrzehnten auf stabile Preise verlassen konnten, muss auch 2022 mit erheblichen Teuerungsraten gerechnet werden.

Waren vorübergehende Preissteigerungen in der Vergangenheit vor allem auf Schwankungen bei den Energiepreisen zurückzuführen waren, verteuert sich der Warenkorb nun in vielen Bereichen. Ökonom sehen bereits eine gefährliche Teuerungsspirale in Gang kommen. Worauf müssen wir uns einstellen, wie lässt sich das eigene Kapital schützen?


Was ist eine Inflation überhaupt?

Bei der Inflation handelt es sich per Definition um eine Teuerungsrate in einem bestimmten Zeitraum. Wenn also eine aktuelle Inflationsrate von beispielsweise 4,9 % im Januar 2022 durch die Medien kursiert, ist damit gemeint, dass sich die Preise gegenüber dem Januar 2021 um 4,9 % erhöht haben.

Diese 4,9 % beziehen sich dabei auf einen kalkulatorischen Warenkorb, der eine möglichst repräsentative Auswahl an verschiedenen Gütern und Dienstleistungen enthält. Eine geringe Inflation wird von der europäischen Zentralbank (EZB) sogar angestrebt; das Ziel liegt hier bei 2 % pro Jahr. Der Grund: die europäischen Geldwächter wollen in jedem Fall eine Deflation vermeiden, die das genaue Gegenteil der Inflation beschreibt.

Bei einer Deflation kommt es zu einer Geldaufwertung, also sinkenden Preisen. Was aus Sicht des Verbrauchers zunächst positiv klingt, kann für die Wirtschaft fatale Folgen haben. Ist mit sinkenden Preisen zu rechnen, werden Investitionen verschoben - schließlich lässt sich das geplante Investment zukünftig günstiger tätigen. In der Folge kommt es zu einem allgemeinen Abschwung der Wirtschaft, der eine Negativspirale in Gang setzen kann. Denn zu reduzierten Bereitschaft zur Geldausgabe kommen dann noch sinkende Einnahmen in den Unternehmen, weil auch ihrerseits die Kunden die Investitionen scheuen.


Ziel der EZB: Preisstabilität in Europa

Das EZB-Ziel von 2 % jährlicher Inflation wird deshalb angestrebt, weil dadurch ein Abstand zur Deflation gehalten werden kann. Wenn es zu einer leichten Erhöhung der Preise kommt, werden Investments attraktiver - zumal sich die Zinssätze nach wie vor auf einem Tief befinden. Dieses Ziel der Preisstabilität sollte allerdings nicht den Eindruck erwecken, dass die EZB die Teuerung in der Eurozone direkt steuern kann.

Die europäische Zentralbank in Frankfurt hält die Zins-Zügel fest im Griff.
Die europäische Zentralbank in Frankfurt hält die Zins-Zügel fest im Griff.

Zwar hält die Zentralbank Instrumente in der Hand, wie die Erhöhung oder Senkung des Leitzinses, also des Zinssatzes bei dem Geschäftskunden sich bei der EZB Geld leihen können. Doch natürlich haben auch Angebot und Nachfrage sowie politische Rahmenbedingungen einen erheblichen Einfluss auf die Kosten von Produkten und Dienstleistungen. An dieser Stelle lohnt es sich, ein wenig genauer auf die Gründe für den aktuellen Anstieg des Verbraucherpreisindex und die Berechnung des Warenkorb einzugehen.


Wie wird der Warenkorb berechnet?

Beim sogenannten Warenkorb handelt es sich um eine Auswahl von 700-750 unterschiedlichen Artikeln und Dienstleistungen, deren Preisentwicklung zugrunde gelegt wird. Auf dieser Basis wird der sogenannte Verbraucherpreisindex berechnet. Kosten für das Wohnen, Energie und Lebensmittel sind ebenso enthalten wie Aufwendungen für Nachrichtenübermittlung oder auch den Kauf von Autos, Kleidung und Möbeln. Die Berechnung legt dabei einen Verbrauch eines privaten Durchschnittshaushalts zugrunde.

Beim Warenkorb handelt es sich um 700 unterschiedlichen Artikeln und Dienstleistungen

Hier setzt auch die Kritik einiger Ökonomen und Verbraucherschützer an: Insbesondere Haushalte mit geringen Einkommen sind von Kostensteigerungen bei Lebensmitteln Energie stark betroffen, weil darauf kaum verzichtet werden kann - anders als auf die Anschaffung von hochwertigen Gebrauchsgütern wie Möbeln. In der Vergangenheit wurde die Teuerungsrate vor allem dadurch gedämpft, dass beispielsweise Elektronikartikel tendenziell günstiger wurden. Ein weiteres Problem bei der Kalkulation ist die Vergleichbarkeit der Artikel: Insbesondere bei technischen Produkten kommt es zu schnellen Technologiesprüngen - die kalkulatorisch nur schwer erfasst werden können.

Wer heute einen PC kauft, wird eine deutlich höhere Rechenleistung erhalten, als beispielsweise vor fünf Jahren. Die Schwierigkeit für die Statistiker: Handelt es sich um ein vergleichbares Produkt, oder aber eine Qualitätsverbesserung? Bedeuten höhere Kosten für den schnelleren Rechner eine gestiegene Inflation oder lediglich der Wechsel zu einem höherwertigen Produkt? Womöglich schaffen sich viele Privathaushalte keinen Rechner mehr an, weil sämtliche Aufgaben mit einem leistungsfähigen Smartphone getätigt werden können. Kritiker sind der Meinung, dass das geänderte Konsumverhalten von der Berechnung zu langsam erfasst wird.

Unabhängig von diesen Beobachtungen lässt sich allerdings feststellen, dass sich die Preise in vielen Bereichen in den letzten Monaten aus Sicht der Verbraucher sehr ungünstig entwickelt haben. Die Gründe dafür sind ebenso vielschichtig wie beunruhigend. Denn anders als Ende 2021 in auch Experten nicht mehr davon aus, dass die Inflation schnell wieder abflauen wird.

Der Warenkorb des Verbraucherpreisindex enthält mehr als 700 Güter.
Der Warenkorb des Verbraucherpreisindex enthält mehr als 700 Güter.

Warum steigt die Inflation so stark?

Der Anstieg vom Verbraucherpreisindex wurde zunächst durch steigende Strom- und Gaspreise ausgelöst. Finanzfachleuten zufolge ist dies vor allem darauf zurückzuführen, dass die Wirtschaft nach weltweiten Corona-Lockdowns unerwartet schnell wieder in Gang kam - und der Energiebedarf sprunghaft stieg. Darauf waren die Erzeuger nicht eingestellt, was zu einem Nachfrageschock führte und letztlich auch die Preise anstiegen ließ.

Zusätzlich gehen Experten von folgenden Faktoren als Ursache für die Preistreiberei aus:

1. Energiewende in Europa
Die Einführung des CO2 Preises sorgt nicht nur in Deutschland dafür, dass auch von staatlicher Seite Preisanstiege zu verantworten sind. Zwar handelt es sich jährlich nur um einige Cent, die beispielsweise auf den Liter Kraftstoff entfallen, trotzdem ist dieser Effekt insbesondere bei den Energiekosten nicht zu vernachlässigen. Die Alternative zu Benzin und Diesel sorgt übrigens ebenso für erhebliche Kosten: Während zum Beispiel ein Kleinstwagen vor einigen Jahren noch problemlos für unter 10.000 EUR erworben werden konnte, ist der gleiche Pkw als Elektro-Pendant deutlich teurer. Viele Hersteller geben dieses Segment aufgrund der geringen Margen gleich ganz auf und ermöglichen den Einstieg erst eine Klasse höher - was sich auch auf die Anschaffungskosten auswirkt.

2. globale Digitalisierung
Corona hat für einen Digitalisierungsschub gesorgt: Home-Schooling und Home-Office, Streaming statt Kino, Boom bei Videospielen - das schon vor der Krise unzureichende Angebot an Halbleiterprodukten wurde weiter verknappt. Die typischen Preissenkungen für technische Produkte wie Smartphones sind zuletzt ausgeblieben. Aufgrund Megatrends wie intelligente Stromnetze oder autonomes Fahren wird der Bedarf auch in den kommenden Jahren steigen, sodass Fachleute hier mit einer anhaltenden Unterversorgung rechnen.

3. steigende Löhne
Seit Jahren wird die Problematik diskutiert, jetzt tritt sie ein: Die Baby-Boomer-Jahrgänge gehen so langsam in Rente, Fachkräfte werden in vielen Bereichen der Wirtschaft knapp - und fordern zunehmend höhere Löhne ein. Die höheren Lohnforderungen sorgen für steigende Produktionskosten und höhere Preise. Diese höheren Preise dienen wiederum insbesondere den Gewerkschaften dazu, selbstbewusste Lohnforderungen durchzusetzen. Auf diese Weise setzt sich eine Teuerungsspirale in Gang, die den Wert des einzelnen Euro deutlich verringern kann.

4. Nachholbedarf durch Corona
Veranstaltungen, Restaurantbesuche, Urlaubsreisen, geschlossene Geschäfte - viele Möglichkeiten der Geldausgabe waren in den letzten beiden Jahren in erheblichem Maße eingeschränkt. Neben Onlinebestellungen war phasenweise nur noch der Einkauf in Lebensmittelgeschäften und Drogerien möglich. In der Folge haben sich bei vielen Menschen hohe Sparguthaben angehäuft, die nun dafür sorgen, dass der verpasste Konsum nachgeholt werden soll. Der Euro sitzt locker, viele Menschen sind auch bereit in 2022 höhere Preise zu akzeptieren. Nachgewiesenermaßen erhöhen einige Unternehmen letztlich auch deshalb die Preise, weil die Verbraucher auf Preissteigerungen eingestellt sind und diese am Ende auch akzeptieren werden. Die Inflationsrate in Deutschland und Europa wird auch deshalb weiter ansteigen.

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5. Verkürzung der Lieferketten

Die Globalisierung war in vielen Wirtschaftsbereichen schon Realität: Lieferung von Komponenten aus China, Produktion in Deutschland Verkauf in den USA - komplexe Lieferketten haben sich in Zeiten von Corona allerdings als anfällig erwiesen. Als Reaktion setzen viele Unternehmen wieder auf eine verstärkte Lagerhaltung und eine Nutzung regionaler Lieferanten. In der Folge erhöhen sich natürlich Kapitalbindung und Produktions- sowie Logistikkosten. Diese Kostensteigerungen werden an den Verbraucher weitergegeben, die Inflationsrate steigt damit weiter.

6. Lockerung der Finanzpolitik
In den vergangenen Jahren war vor allem in Europa aber auch den USA von einer Konsolidierung der öffentlichen Haushalte die Rede. Als wahres Problem wurde die hohe Staatsverschuldung ausgemacht, im Ergebnis wurden die staatlichen Ausgaben reduziert. Durch die Corona-Pandemie ist auf dem gesamten Globus die Bereitschaft gestiegen, Hilfsprogramme für die Wirtschaft aufzusetzen und damit kräftig Geld auszugeben.


Welche Geldanlage vor Inflation schützt

Natürlich fragen sich die Menschen in Deutschland sowie ganz Europa, wie der Euro seinen Wert behält und und sich die Verbraucher vor der Inflation schützen können und ihre Kaufkraft bewahren. Denn anders als in den 1970 er Jahren, wo zwar die Inflation bedingt durch den Ölpreisschock ebenso hoch war, sind nun auch die Kapitalmarktzinsen auf einem niedrigen Niveau.

In Zeiten hoher Inflation ist eine erfolgreiche Geldanlage nicht so einfach.
In Zeiten hoher Inflation ist eine erfolgreiche Geldanlage nicht so einfach. 

Das war in den siebziger Jahren noch anders, selbst auf sichere Anlagen wie Sparbücher gab es 5 % Zinsen und mehr. Heute kann davon keine Rede mehr sein, eine gleichermaßen sichere als auch renditestarke Geldanlage scheint kaum in Sichtweite. Klassische Anlagen wie Tagesgeld oder Festgeld sind ebenso wie die Kapitallebensversicherung kaum dazu geeignet, die Geldentwertung aufzuhalten - die Zinssätze fallen deutlich zu gering aus.


Fachleute raten: Geldanlage in Unternehmen und Sachwerte

In Deutschland ist die Risikobereitschaft traditionell gering, weshalb auch das Investment in Aktien von vielen Menschen mit einer gewissen Skepsis betrachtet wird. In Anbetracht der steigenden Inflation handelt es sich allerdings um die laut Fachleuten beste Variante, um die eigenen Wert zu schützen. Bei der Auswahl der Unternehmen sollte darauf geachtet werden, dass es sich um Produkte mit konstanter oder gar steigender Nachfrage handelt. Auch in 2022 ist davon auszugehen, dass die Preise für Nahrungsmittel, Energie sowie viele Rohstoffe deutlich stärker steigen, als für Inflationsrate insgesamt. In der Folge heißt das, dass ein Investment in entsprechende Unternehmen mit höheren Gewinnen verknüpft sein dürfte, als durch die Inflation wieder aufgefressen wird.

Wer sich nicht traut, die Auswahl dieser Unternehmen selbst zu treffen, kann auch auf ETFs vertrauen: Dabei handelt es sich um eine Anlageklasse, die einen Wertpapierindex möglichst genau abbildet. Wer ETFs kauft, investiert also mit einer breiten Streuung in diverse Unternehmen. Einige Broker und Banken legen ETFs auf, die aufgrund der Auswahl der Unternehmen insbesondere dem Inflationsschutz liegen sollen - das Risiko bleibt hierbei also genauso überschaubar wie die potentiellen Gewinnaussichten der Geldanlage. In den USA und den restlichen Teilen von Europa sind solche Geldanlagen bereits seit längerer Zeit sehr beliebt.


In Sachwerte investieren: interessante Alternative?

Seit längerem steigen die Preise für Immobilien, Experten gehen auch hier von einem anhaltenden Trend aus. Eventuell kann es sinnvoll sein, ein geplantes Investment in diesem Bereich zu tätigen. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob es sich um eine Kapitalanlage oder selbst bewohntes Eigentum handelt. Auch Modernisierungen oder Wärmedämmungen erscheinen attraktiv, weil sich hier nicht nur Wertsteigerungen an der Immobilie selbst bemerkbar machen, sondern der Preisschock im Energiesektor durch einen geringeren Energiebedarf abgefedert werden kann. Pauschale Empfehlungen sind an dieser Stelle natürlich schwierig, weil der Immobilienmarkt in einigen Regionen bereits überhitzt erscheint - hier könnte ein platzen der Immobilienblase bald für Ernüchterung sorgen.


Fazit: steigender Verbraucherpreisindex auch 2022 erwartet

Die Inflation ist 2021 nach Deutschland zurückgekehrt - und sie wird auch 2022 bleiben. Eine steigende Nachfrage nach Rohstoffen, Energie und Halbleiterprodukten sorgt ebenso für eine Verteuerung, wie deutliche Lohnerhöhungen in vielen Branchen. Nicht wenige Fachleute gehen mittlerweile davon aus, dass der Warenkorb sich dauerhaft um 5 % pro Jahr verteuert - was der Inflation entspricht, die zu Jahresbeginn 2022 beobachtet werden kann.

In Deutschland haben die Menschen genauso wie in Europa und den USA nur die Chance, durch eine kluge Auswahl der Geldanlage dafür zu sorgen, dass das eigene Vermögen zumindest nicht sinkt und die Kaufkraft nicht immer weiter reduziert wird. Investitionen in Sachgüter und Aktien erscheinen dabei ratsam, auch wenn sich hier ein gewisses Risiko keinesfalls vermeiden lässt.

* Enthält bezahlte Werbelinks .

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